Um was geht es beim Streit um Suworows Kanonenkugeln?
33 Jahre lang hat Walter Gähler, Museumsleiter im Suworow Museum Linthal mit einem Metalldetektor nach verlorenen Gegenständen der Kämpfe von 1799 gesucht. Über 2,6 Mio. Franken haben er und seine Gönner ausgegeben, um im Kt. Glarus den Betrieb eines Suworow Museums zu ermöglichen. 1993 wurde Gähler der Dr. Rudolf Stüssi Preis verliehen und 1994 hat der Regierungsrat seine Arbeit mit einem Beitrag von 5'000,-- gefördert. Erst am 2. Juni 2012 wurde das Museum im Beisein des Russischen Botschafters, in Linthal neu eröffnet.
Kanonenkugeln: Im Kampfgebiet gefunden.
Auslöser dieser kuriosen Geschichte, war ein Gesuch an die Kulturkommission um einen Beitrag ans Museum, welches negativ ausfiel und bemerkt wurde, dass Gählers Suche illegal sei. Daraufhin hat Gähler 4 Jahre gekämpft, dass der Fall untersucht wird. Hartnäckig verweigerte man ihm eine Untersuchung, es sei sowieso klar. Sogar seine Selbstanzeige bei der Polizei wegen "Raub von Kulturgütern" vor zwei Jahren blieb erfolglos.
Am 25. April 2012 fand ein Gespräch mit Frau Regierungsrätin Christine Bickel statt. In erster Linie ging es darum, ob ein Schlusstrich unter die Vergangenheit gezogen werden könne. Ob der Kanton akzeptiere, dass die Funde Walter Gähler gehören. Dies wollte man jedoch nicht ohne archäologische Begutachtung machen. Am 25. Mai 2012 wurden die im Museum ausgestellten Funde von zwei Archäologen besichtigt.
Am 29. Juni 2012, wurde Gähler mittels Gutachten mitgeteilt, dass er nicht weiter suchen darf und dass seine Funde dem Kanton Glarus gehören. Man wolle ein genaues Fundinventar, um den wissenschaftlichen Wert zu bestimmen und um die Funde anschliessend den jeweiligen Besitzern "zurück zugeben". Für die Inventariesierung wolle man Gähler entschädigen, nätürlich nur, wenn er die Funde abgibt.
Das Gutachten beruht auf ZGB 724, in der heutigen Fassung, während Gähler sich auf die zur Zeit der gemachten Funde geltenden Gesetzesartikel beruft. Bis 2002 galt; Funde von erheblich wissenschaftlichem Wert gehören dem Kanton. Ab 2003 gilt; Funde von wissenschaftlichem Wert, diese sind auch nicht mehr verkehrsfähig, während vorher die Funde gemäss ZGB 728, ohne Einschränkungen nach 5 Jahren ersessen werden konnten. (Die Funde wurden hauptsächlich in der Zeit von 1979 bis 1996 gemacht.) Im weiteren wird behauptet, dass Gähler nie eine Bewilligung gehabt hätte. Er hingegen sagt, dass er in Kontakt mit den zuständigen Behörden stand, diese sich aber nicht für seine Arbeit interessierten.
Der Kt. Glarus behauptet im weiteren, die Glarner Verordnung von 1986, regle auch den Einsatz von Metalldetektoren, es sei überall verboten zu suchen. Gähler hingegen bestreitet das, die Suche sei mit diesem Gesetz nur auf Burgen und in archäologischen Zonen verboten. Es gibt kein Metalldetektorenverbot. Er kann das mit einer publizierten Aussage eines Archäologen, aus dem Jahr 1996 beweisen. Er hat sich auch immer genau nach Gesetz verhalten. Wenn es also eine Bewilligung für die Suworow Forschung brauchte, hätte Gähler garantiert eine solche eingeholt. Man fragt sich jetzt auch; wenn das verboten war, warum haben die zuständigen Amtsleiter vom Kanton nichts unternommen? Inzwischen haben andere Kantone den Einsatz von Metalldetektoren verboten oder bewilligungspflichtig gemacht. Der Kt. Glarus wird demnächst sein Gesetz anpassen müssen, dann darf auch niemand mehr in seinem eigenen Garten mit einem Suchgerät suchen.
Was sagt das Gesetz heute?
Link zu den Gesetzes-Texten: Ist Kugeln suchen verboten?
1988 hat Gähler gebeten für Schatzsucher eine regelmässige Sprechstunde einzuführen, um die Funde vorzulegen, was jedoch nicht auf Interesse stiess. Im übrigen sind seine Funde immer öffentlich ausgestellt, jedermann kann die Funde also besichtigen. Der Eintritt ins Museum ist gratis, auch für Archäologen! Interessante Funde wurden mit Rundbrief gemeldet, oder wurden im Jahrbuch des Historischen Vereins abgedruckt. Anscheinend liest das beim Kanton nur niemand!
Hauptknackpunkt ist jedoch, dass der Kanton 1985, die Sammlung mit einem Archäologen besichtigte. Es gab keine Beanstandungen. Heute wird erklärt, der damalige Archäologe hätte nichts von der Materie verstanden. Auf Grund der damaligen positiven Kontrolle wurde 1986 das Museum gegründet. Hätte Gähler die Funde nicht behalten dürfen, so hätte er garantiert kein Museum eröffnet. Im Jahr 1995 hatte auch eine Gruppe von Archäolgen das Museum besucht, in seinem Vortrag ist Gähler im speziellen auch auf seine Forschungsarbeit eingegangen. Ein kritisches Publikum, welches nichts beanstandet hat.
Nur 1996 reklamierte ein Historiker, warum denn der Regierungsrat dem Gähler die Bewilligung gegeben hätte, den Suworow Schatz im Klöntalersee zu heben. Der Kanton hat das aber richtig als "Aprilscherz" erkannt und das dem besorgten Geschichtsforscher auch so mitgeteilt. Das hat Gähler aber erst später anlässlich einer Vernissage im Freulerpalast erfahren. Der Kanton und auch sonst niemand, hat jemals einen Anspruch auf die Funde erhoben. Ein Amtsvorgänger hat sogar einmal im Museum eine Rede gehalten. Deswegen sieht sich Gähler unangefochten als Eigentümer der Gegenstände.
Wenn der Kanton also heute Ansprüche stellt, wird damit ein Fehlverhalten des Kantons bestätigt und Gähler muss für den entstandenen Schaden entschädigt werden. Er beziffert die Gesamt - Schadenssumme auf mind. 2,6 Millionen Franken, dies sind die Kosten welche dem Museum in 33 Jahren entstanden sind. (Allein schon die Verschleppung des Falles in den letzten 4 Jahren, hat dem Museum einen enormen Schaden verursacht.)
Schützenhilfe kommt auch aus dem Kt. Schwyz, wo behauptet wird, Gähler's Suche sei 1989 mündlich und später zwischen 2007 - 2009 schriftlich verboten worden. Diese Aussage, stimmt nicht! Richtig ist vielmehr: Gähler hat sich im Staatsarchiv Schwyz vorgestellt und er hat die im Keller in Schachteln eingelagerten Funde aus dem Muotatal anschauen dürfen. Es war ein sehr angenehmer Kontakt, von einem Verbot war nie die Rede. Später hat er noch verschiedene Unterlagen zu Suworow zugesandt bekommen, was ihn sehr freute. Wie es nun zu solchen Behauptungen kommt, ist Gähler unerklärlich. Wäre ihm etwas verboten worden, hätte er garantiert persönlich vorgesprochen!
Von der Kantonsarchäologie Graubünden ist zu vernehmen; dass man von Gähler's Aktivitäten nichts wisse. Das zeigt deutlich auf, dass Suworow in der Schweiz kein archäologisches Thema ist. Auch dass die verschiedenen Amtsstellen, nicht miteinander kommunizieren. Denn im Jahre 2003 wurde Gähler angefragt, ob er für die Kantonsausstellung, Funde vom Panixerpass zur Verfügung stellen würde. Gähler hatte das auch zugesagt, es wurde aber dann wegen Zeitmangel darauf verzichtet, die Funde abzuholen. Gähler wurde jedoch zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. So auch zum Vortrag "Kanonenkugeln und Votivbilder".
Um was geht es hier eigentlich? Sind Gähler's Funde auf einmal enorm wertvoll geworden? Was gibt es für neue wissenschaftliche Erkenntnisse, welche der Fund einer Kanonenkugel in Riedern ans Licht bringen könnte? Warum ist es so wichtig, ob eine solche Kugel, 1m mehr nach rechts, oder links gefunden wurde - was wenn ein Bauer diese Kugel von der Wiese an den Waldrand geworfen hat? Muss nun die Kantonsgeschichte umgeschrieben werden? Warum hat nie ein Historiker für seine Suworow Publikationen, das Fachwissen von Walter Gähler beigezogen? Die Funde erzählen nichts neues, es ist alles bestens in Büchern und Dokumenten dokumentiert. Sie sind aber ein interessantes Belegstück und nur in einem Suworow Museum äusserst wertvoll. Ohne diese Funde würde das Museum seine Berechtigung verlieren. Wären es Relikte aus der Schlacht bei Näfels 1388, oder eine russische Kriegskasse, dann wäre es eine ganz andere Sache. Für Gähler haben die Funde keinen auch nur wissenschaftlichen Wert. Wenn doch, dann möchte er diesen zu jedem Stück erklärt haben. Bis heute hat noch niemand einen Rechtsstreit um so unbedeutende Gegenstände geführt. Ob also eine Kanonenkugel tatsächlich wissenschaftlichen Wert besitzt, müsste erst mal ein Gericht feststellen.
Warum gibt der Kanton viel Geld für ein Gutachten aus, um Gründe zu finden, Gähler's Kugeln wegzunehmen? Ein Blick ins ZGB Art. 724 / 728 von 2002, im Vergleich mit heute, zeigt den Irrtum des Kantons klar auf. Ein solches Buch hätte man in jedem Brockenhaus für 1,-- Franken erstehen können. Warum unterstützt man Gähler's Initiative um das Suworow Museum nur minim, wenn das für den Kanton Glarus so wertvoll sein soll? Es gibt in Glarner Privathäusern viele solche Kugeln und weit bessere Funde, welche in den letzten 100 Jahren gefunden wurden. Müssen diese Besitzer jetzt mit einer Enteignung rechnen?
Für die angeblich jetzt so wissenschaftlichen Funde, hat sich 33 Jahre lang kein Mensch interessiert! Fundträchtige Gebiete in Netstal, Riedern und Glarus, wurden in den letzten 30 Jahren überbaut, diese Funde sind für immer verloren. Wo waren da die Gutachter-Archäologen?
Seit dem Jahr 2003 können Archäologen jedes Stück altes Eisen, welches im Boden ist, als wissenschaftlich wertvoll betiteln. Indem auch gegen ernsthafte Forscher wie Walter Gähler vorgegangen wird, soll auch dem letzten "Schatzsucher" klar gemacht werden, dass sie künftig jedes Suchen mit Metalldetektoren zu unterlassen hätten. Nur unter strengen Auflagen werden Bewilligungen erteilt. Glarus kann nicht mit anderen Kantonen verglichen werden, wo Schatzsucher jede Menge römische oder keltische Relikte finden und diese gelegentlich auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Das ist auch der Grund warum eine "natürliche Feindschaft" zwischen Archäologen und Schatzsuchern besteht. Es hat jedoch auch ein Umdenken der Archäologie stattgefunden, so dass ehemalige Gegner heute zusammen arbeiten. Das sollte eigentlich auch hier möglich sein.
Richtigstellung: Walter Gähler ist es wichtig klarzustellen, dass es bei diesem Streit nur um Funde aus der Suworowzeit geht. Sollte sich herausstellen, dass z.b. eine Gürtelschnalle in seinem Museum, älteren Datums ist, so würde er diese gerne gratis der Wissenschaft zur Verfügung stellen.
Was bedeutet das nun für das Suworow Museum?
Eigentlich das Ende! Wegen dieses Streites, haben Glarner Firmen ihren in Aussicht gestellten Beitrag ans Museum, auf Eis gelegt. Man hat Angst plötzlich ein illegales Museum zu unterstützen und deswegen Kantonsaufträge zu verlieren. Auch wichtige Glarner Persönlichkeiten, wagen es nicht, zugunsten des Museums Stellung zu beziehen. Der weitere Museumsausbau in Linthal musste vorerst eingestellt werden.
Der Kanton ist in einer äusserst blöden Lage, zumal zugegeben wird, dass man niemand hat, der sich damit auskennt. Schade jedoch um das sinnlos verplemperte Geld, für ein unvollständiges Gutachten, welches die hier genannten Fakten, obwohl bekannt, nicht berücksichtigt hat. Im Museum wäre der Betrag nötiger gebraucht worden. Gähler geht es nur um den Erhalt der gesamten Sammlung, sonst muss das Suworow Museum geschlossen werden und er nimmt sein ganzes Wissen um die Fundumstände dereinst mit ins Grab.
Im Jahr 1984, hat schon einmal jemand vergeblich versucht, Walter Gähler's Suworow Arbeit als Raub von Kulturgut darzustellen. Dies während einer Untersuchung, im Zusammenhang eines Prozesses mit dem Landesarchiv. Gähler wurde in diesem Prozess, wo es um Bücher und Dokumente ging, zuerst verurteilt, dann aber vor Obergericht freigesprochen. Tausende Franken von Steuergeldern wurden damals in diesem von Anfang an klaren Prozess verschleudert. Dieser vom Kanton verlorene Prozess, ist auch der wahre Grund, warum das Suworow Museum nur minim gefördert wird. Doch das ist eine ganz andere Geschichte, welche auch schon ein Buch füllen würde.
Aktualiesierung vom 6. Dezember 2012
Nach wie vor ist der Streit nicht beigelegt. Walter Gähler besteht auf gerichtliche Klärung, diese wird ihm weiterhin verweigert. Lesen Sie dazu den Beitrag: Streitgespräch mit Landesarchivar.
Für weitere Informationen, wenden sie sich bitte direkt an Walter Gähler.
suworowmuseum@bluewin.ch
1987, noch im ersten Museum in Glarus |
Mit dem Metalldetektor unterwegs |